In der Blognacht wills Anna mal wieder wissen. Heute heißt der Impuls „falsch abgebogen“. Ich kann dir sagen, ich bin so oft falsch abgebogen und habe dadurch viele falsche Entscheidungen in meinem Leben getroffen. Ich möchte versuchen herauszufinden, ob sich daraus etwas Positives ergeben hat. Das erste Brainstorming bringt mich erst mal auf viele Lebenssituationen, in denen ich Entscheidungen getroffen habe, die nicht grandios waren. Die Auflistung ist nicht chronologisch.

1. Der Auszug zum Freund

Ich wusste, dass ich mit 18 ausziehen will. Da es mir nicht möglich war zu dem Zeitpunkt mir eine eigene Wohnung zu leisten, bin ich zu meinem damaligen Partner gezogen. Meine Mutter war unglaublich wütend. Ihre größte Angst war, dass ich denselben Fehler mache wie sie und viel zu jung Kinder mit dem falschen Mann bekomme, um dann so zu enden wie sie. Eins wusste ich aber zu diesem Zeitpunkt ganz genau: Ich wollte nichts so machen wie meine Mutter! Trotzdem bereue ich die Entscheidung, zu ihm gezogen zu sein. Denn dadurch, dass ich kein eigenes Einkommen hatte, war ich viel zu lange von ihm abhängig und habe mich lange nicht getraut den Schritt aus dieser Beziehung zu gehen.

Ich war eindeutig zu jung. Statt mich zu verurteilen, hätte mir ein Gespräch mit all den Vor- und Nachteilen geholfen. Vor allem als ich dann zurückgezogen bin nach drei Jahren, wäre mir dieser Schritt nicht so schwergefallen, weil ich mich nicht so geschämt hätte bei dem Satz: „Ich habe es dir doch gleich gesagt, dass der nix taugt und du wieder kommst!“ Es mussten vorher viele scheiß Sachen passieren, bevor ich bemerkt habe, dass ich ihm nicht wichtig bin und ich endlich für mich einstehen sollte. Genau das ist das positive Resultat daraus, dass ich für mich eingestanden und gegangen bin.

2. Zwei Verlobungen, die ich bereue.

Manchmal macht man einen Fehler zweimal. Der Erste, der mich heiraten wollte, war der Kerl aus Punkt eins. Was es bedeutet, mit jemandem verlobt zu sein, wusste er ziemlich sicher zu diesem Zeitpunkt nicht. Er hat den Ringjoker gezogen, um mich länger bei sich zu behalten. Ich war damals so blauäugig und dachte, er meint es ernst. Wie man seine Verlobten, geschwiegenen eine Frau behandelt. Da ich leider kein Vorbild hatte und nicht wusste, wie es einer Beziehung ablaufen kann, bin ich von diesem Versprechen geblendet worden.

Der Zweite hätte mir vermutlich die Sterne vom Himmel geholt, wusste aber leider nicht, wie ein Zusammenleben funktioniert. Dass man sich Verantwortlichkeiten teilt, was mich zum nächsten Punkt bringt.

3. Dass ich jemanden zu mir ziehen lassen habe

ich habe diesen Menschen leider zu früh bei mir einziehen lassen. Nie wieder würde ich jemanden, der bisher nicht allein gewohnt hat, bei mir einziehen lassen. Die Verhältnisse in seinem Elternhaus, hätten mich entsprechend vorwarnen sollen, denn da war, obwohl die Mutter gearbeitet hatte, klar, dass sie sich um die Familie und den Haushalt kümmert. Schließlich verlor er wegen einer Dummheit auch noch seine Arbeit und hat nicht, wie erwartet, dann die Aufgaben im Haushalt übernommen, sondern sich lieber Pornos auf meinem PC angeschaut. Das war der Punkt, an dem diese Beziehung auseinandergegangen ist, weil ich mich zum einen nicht respektiert gefühlt habe und zum anderen nicht mehr sicher.

3.Das ich die Firma im richtigen Moment nicht verlassen habe.

Ich bin viel zu lange in der ersten Firma geblieben, in der ich gearbeitet habe. Viel früher hätten mir die Anzeichen für einen Burnout bewusst sein müssen. Das hat schnell dazu geführt, dass der Umgang mit meinen Mitarbeitern nicht mehr respektvoll ablief. Ich war eher Befehlshaber statt Kooperationspartner. Meine Mitarbeiter hatten eine oft sehr schlecht gelaunte, ziemlich strenge Chefin, die ihre Aufgaben nicht ordentlich kommunizieren konnte. Ich war zu stolz zu erkennen, dass ich mir Unterstützung bei meinem Führungsstil benötige. Meine emotionale Bindung hat dazu geführt, dass ich sehr oft die beleidigte Leberwurst war und schließlich lieber den Mund gehalten habe, anstatt ehrlich zu sagen, was in mir vorging. Der Drang alles noch besser zu machen und im besten Fall perfekt hat mich permanent nachts wach gehalten. Mir hätte bewusst sein müssen, dass die fehlende Freude an meiner Arbeit auch ein Zeichen für Burnout war.

4. Nicht mutig genug fürs Ausland

Das ich nicht genug einer in der Hose um nicht die Sachen zu packen und ein anderes Land bereisen konnte. Ich liebe inzwischen andere Kulturen und wollte als Kind einmal Auslandskorrespondentin werden. Dass ich dafür in andere Länder reisen müsste, war mir bewusst, aber ich hatte nicht genug Mut mich da hineinzuknien und den Schritt zu gehen. Ich habe mich nicht getraut, meiner Mutter meine Wünsche zu sagen und sie dann letztlich mit der schwierigen familiären Situation allein zu lassen. Der falsche Glaubenssatz, dass ich für Glück verantwortlich wäre, hat mich davon abgehalten.

5. Die Entscheidung zum falschen Unterricht

Warum zum Henker habe ich mich für Hauswirtschaft eingetragen und nicht für Französisch.

Im Nachhinein ärgere ich mich sehr, dass ich das Sprachangebot in der Schule nicht wahrgenommen habe. Denn, mit italienischen Wurzeln, wäre noch eine Sprache lernen viel sinnvoller gewesen. Damals wollte ich aber gar keine Fremdsprache lernen. Die italienische Abstammung hätte ich aufgrund von Streitigkeiten mit meinem Vater gern komplett ignoriert. Zudem hatten wir als Kinder eine zeitlang italienischen Unterricht besucht, aber leider ist davon nicht viel hängen geblieben. Der Englisch-Unterricht fruchtete ebenso wenig und daher war ich davon überzeugt, dass ich gar nicht fähig war Fremdsprachen zu lernen.

6. Zu spät Hilfe gesucht

Egal zu welchem Zeitpunkt und egal in welcher Situation, aber ich war unfähig, mir frühzeitig Hilfe zu holen. Es gab so unglaublich viele Situationen, die vermeidbar gewesen wären, wenn ich mir entsprechend Hilfe gesucht hätte. Meine Glaubenssätze „ich muss das allein schaffen“ und „mir wird nicht geholfen“, haben mich dabei gehindert. Ich war nicht mutig genug mir einzugestehen, dass ich Hilfe benötige. Als ich dann endlich den Mut gefasst hatte, bin ich leider immer wieder an Personen geraten, die mich in dem Glauben ließen, dass es auch so gehen muss. So wurden Therapiewünsche für Burnout und postnatale Depression nicht wahrgenommen. Erst als alles schiefging, was schiefgehen konnte und Personen dabei verletzt wurden, war ich fähig mir Hilfe zu suchen und mich auch entsprechend gegen die gut gemeinten Ratschläge wehren.

Warum war das so?

In vielen Situationen habe ich zu viel Angst vor der Veränderung gehabt. Ich konnte damals schon mir ausmalen, was alles Schreckliches passieren würde. Das hat mich sehr oft davon abgehalten, andere Entscheidungen zu treffen. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich etwas schaffen könnte, mich hat niemand in dem, was ich konnte bestärkt. Ich habe nicht genug an mich geglaubt und mich dadurch nicht mit meinen Stärken beschäftigt. Ich wollte immer allen alles recht machen und niemanden verärgern. Meine Handlungen habe ich also immer auf die möglichen Reaktionen meiner Partner, Familienmitglieder und Freunde ausgelegt.

Erst als ich gemerkt habe, dass ich, nur wenn ich mich an erste Stelle setze, kann ich viel mehr auf mich achten und dadurch auch besser für meine Familie da sein. Ich darf Dinge nur für mich tun, einfach weil ich es mir wert bin. Melde dich zu meinem Newsletter an, um immer auf dem neuesten Stand zu sein.