Ich bin nicht „die mit dem Kaiserschnitt“.
Ich bin nicht „die, bei der es halt nicht so lief“.
Ich bin eine Frau, die ein Trauma erlebt hat und sich das nicht mehr wegreden lässt.
Und ja: Ich habe meine Geburt verbloggt. Weil ich sonst daran zerbrochen wäre.
Inhaltsverzeichnis
Wie alles begann und wie es nicht hätte laufen sollen
Fruchtblase geplatzt, das große Abenteuer beginnt. Ich dachte, das wird wie im Geburtsvorbereitungskurs: atmen, veratmen, pressen, Baby. Also so hatte ich es gehört, weil ich einen entsprechenden Kurs nie geschafft habe zu besuchen. 🙈 Überraschung: Es war natürlich nicht so.
Ich war informiert. Ich hatte einen Plan, und zwar einen wirklich sehr ausgearbeiteten Geburtsplan. Ich wollte selbstbestimmt gebären.
Bekommen habe ich: Ignorierte Hinweise. Übergriffige Untersuchungen, zwei Schmerzmittel, die nur bei der „guten Wehenart“ wirkten. Und jede Menge hilfloses Personal, das nicht wusste, was es mit mir anfangen sollte.
Ich fühlte mich wie in einem medizinischen Theaterstück, bei dem alle improvisierten, nur dass ich nicht lachen durfte.
Schmerz, Scham, Stillstand
Es gab so viele kleine Momente, die sich eingebrannt haben. Die Spritze, die nichts half. Die Badewanne, aus der ich fast gestürzt bin. Der Metalltunnel-Test, bei dem ich dachte: Schlimmer geht’s nicht mehr. Doch, ging es.
PDA unter Wehe, das war tatsächlich der einzige Moment, wo mir jemand sagte, dass ich hier etwas Außergewöhnliches leiste. Blutentnahmen am Kopf meines ungeborenen Kindes, die Vorstellung, dass mein Kind schon Schmerzen erleben muss, obwohl es noch nicht mal geboren war, haben mich wirklich belastet.
Stillstand bei 7 cm. Dann der Kaiserschnitt, „weil ich wohl zu sportlich sei“.
Und die Info, dass mein Becken eh zu klein war. Klar, sagt mir das mal, bevor ich zwölf Stunden lang Wehen veratme.
Die Krönung: „Die Nippel sind nix.“
Ich dachte, nach der Geburt wird alles gut.
Kind da. Mama glücklich.
Stattdessen: Stillversuch unter Druck.
Meine Brust gequetscht, der Kopf vom Baby hin gepresst, hat natürlich nicht geklappt.
„Die Nippel sind nix“, sagt die Schwester.
Stillhut in die Hand. Tür zu. Tschüss, das war die Stillberatung.
Es ist dieser Mix aus körperlichem Schmerz, psychischer Erschöpfung und dem Gefühl, als Frau zu versagen, der sich wie ein Schleier über die erste Zeit mit meinem Kind legte.
Warum ich trotzdem darüber schreibe
Weil ich wusste: Wenn ich das für mich behalte, fresse ich es in mich rein und werde daran kaputtgehen.
Also habe ich darüber geschrieben, Ungefiltert und Ehrlich.
Mit Humor (ohne gings nicht), aber auch mit all der Wut, Angst und Überforderung. Ich wollte nicht länger schweigen. Ich wollte nicht dazugehören zu denen, die lächeln und sagen: „Hauptsache gesund.“ Denn: Hauptsache gesund ist nicht alles, wenn die Mutter innerlich zerbricht.
Natürlich habe ich mir Gedanken darüber gemacht, was andere dazu sagen, was meine Kinder dazu sagen, dass dieser Moment in der Öffentlichkeit festgehalten wurde. Die Tatsache, dass über Geburtstraumata noch immer nicht genug gesprochen wird und ich mit meinem Beitrag das ändern konnte, hat schlicht überwiegt. Dass ich meine Geburt verbloggt habe, war für mich kein Akt der Selbstvermarktung, sondern eine Form von Selbstschutz. Und gleichzeitig ein Tabubruch, den ich längst überfällig fand.
Ich habe mir später vom Krankenhaus auch noch den Geburtstbericht geben lassen und von der Hebamme meines zweiten Sohnes die Bestätigung bekommen, dass wir zu einem Kaiserschnitt hin manipuliert wurden. Wen wundert es? Die machen mehr Geld und sind schneller erledigt.
Was sich verändert hat
Das Schreiben hat mich gerettet. Der erste Schritt zurück zu mir selbst war, dass ich meine Geburt verbloggt habe, und es war der erste Schritt zu dem, was ich heute mache. Es hat mir das Gefühl gegeben, wieder handlungsfähig zu sein, mitten im emotionalen Trümmerhaufen.
Heute helfe ich anderen, mit ihrem inneren Chaos umzugehen. Nicht, es zu unterdrücken, sondern es zu nutzen.
Meine Erfahrung ist Teil meiner Geschichte und sie gibt mir heute die Kraft, anderen Frauen zu sagen:
Du bist nicht allein. Und du bist nicht falsch.
Ich würde hier jetzt total gerne schreiben: Wenn du etwas Ähnliches erlebt hast und Hilfe beim Aufarbeiten brauchst, dann melde dich bei mir. Da ich leider noch keine Traumaberaterin bin, kann ich dir nur ein offenes Ohr leihen für einen Austausch von Mutter zu Mutter.
Ich bin Alexandra – Mentorin für kreative Businesschaotinnen, die Struktur wollen, ohne sich in Planungstabellen zu verlieren. Ich unterstütze dich dabei, dein Chaos nicht wegzudrücken, sondern liebevoll zu sortieren. Mit klaren Prioritäten, selbstfürsorglicher Planung und einem strukturbefreiten System, das wirklich zu dir passt. In meinem Blog teile ich Impulse, Tools und Gedanken für alle, die sich zwischen Ideenflut und Alltag nicht selbst vergessen wollen. Wenn du lernen willst, wie du dich selbst organisierst, ohne dich zu verbiegen – dann bist du hier genau richtig.
Liebe Alexandra, bei solchen Berichten bin ich wieder froh, dass ich selbst keine Kinder habe. Für mich ist das echt der Horror, wie oft mit so vielen Frauen so verächtlich umgegangen wird. Während sie solche Hochleistungen bringen. Und da wundern sich manche dann, dass die Geburtszahlen so niedrig sind. Mal ganz abgesehen von der immer schlechteren Versorgungslage und wie Hebammen das Arbeiten finanzielle immer schwerer gemacht wird.
Ich finde es stark, dass du das verbloggt hast. Jede Stimme, die diese Zustände öffentlich macht, ist wichtig. Damit andere Frauen nicht mehr glauben, sie müssten darüber schweigen. Und ich wünsche dir, dass du das für dich verarbeitet bekommst.
Als ich 73 geboren wurde, ist das Krankenhauspersonal auch katastrophal mit meiner Mutter umgegangen. Und mir wird jetzt erst so richtig klar, in welchem Ausmaß das mich traumatisiert hat. Denn Kinder merken das ja auch. Umso wichtiger ist es, darüber zu sprechen und es mit Kindern so früh wie möglich aufzuarbeiten.
Ganz liebe Grüße
Angela
Liebe Angela,
Ja, das stimmt, das nimmst du auch als Kind mit. So ging es mir mit meiner eigenen Zwillingsfrühgeburt auch. Da habe ich auch ganz viel mitgenommen und wohl auch entsprechend weitergegeben. Ich hatte das Glück, bei der Geburt von meinem zweiten Sohn, das Ganze für mich zu richten und alles komplett selbstbestimmt angehen zu können. Da lief zwar auch noch viel schief und es wurde wieder ein Kaiserschnitt, das habe ich aber alles bestimmt. Vielen Dank für deinen Kommentar.
Herzliche Grüße Alexandra
Liebe Alexandra,
Nein – ich habe nicht so etwas Ähnliches erlebt und traue es mich kaum zu schreiben – aus Respekt und Achtung vor dem, was du und dein Kind erleben mussten! Es ist erschreckend, wieviele Frauen immer noch Übergriffe , Eingriffe, Gewalt (auch verbal) und Ähnliches erfahren haben oder immer noch erleben – ich interessiere mich schon lange für die Arbeit von Hebammen und für Frühpädagogik und Biographiearbeit. Empathiefähigkeit ist nicht “jedermanns” Stärke – aber besonders in solch sensiblen Phasen und im Umgang mit “in der Situation Abhängigen” einfach ein MUSS!!! Wieviel natürlicher könnten Kinder auf diese Welt kommen, wieviel mehr könnten sie sich “Willkommen” fühlen… 💞
Es wird viel zu wenig darüber nachgedacht, wieviel Leid, Schmerz, Therapie vermeidbar wären – für Baby, Mutter und auch Vater – wenn wir von Anfang an – in jeder Beziehung – respektvoll miteinander umgehen würden.
Ich danke dir, dass du deine Geschichte so offen teilst, hoffentlich lernen Menschen in KH und auch sonst ein bisschen schneller als bisher! 💞
Liebe Ulrike,
ich freue mich über jede Mutter, die so etwas nicht erleben musste. Auch wenn bei mir da leider immer etwas Neid mitschwingt, dass mir das verwehrt wurde. Es ist mir leider auch unbegreiflich, warum wir in unserer Gesellschaft den Beruf der Hebammen und Doulas oder generell Pflegekräfte nicht besser behandeln. Jeder Mensch ist irgendwann davon abhängig, dass die Person gute Unterstützung bekommt. Aber entsprechend entlohnt oder geschult werden, das will keiner machen. Und du hast recht: Mehr Respekt, egal in welchem Lebensabschnitt, würde unsere Welt zu einem besseren Ort machen.