Dieser Blogartikel entstand im Zuge der Blogparade von Generose. Stell dir vor, du wünschst dir ein Kind und nach langen Versuchen schaffst du es endlich schwanger zu werden. Obwohl du Risikoschwangere bist, bekommst du nach langen Wehen und einer traumatischen Geburt dein Wunschkind. Dein Kind ist auf der Welt und alles, was du fühlst, ist keine Mutterliebe. Genauso ging es mir, als ich 2016 mein erstes Kind bekommen habe. Falls du dich fragst, warum es diesen Blogartikel auf meinem Blog gibt, dann lies weiter.

Die große Frage bin ich im normal?

Als ich das erste Mal Mutter wurde, las ich überall von dieser bedingungslosen Liebe, wie das Herz vor Liebe zerspringt und nahezu weh tut, weil die Gefühle ein Übermannen, sobald dieser kleine Mensch auf der Welt ist. Bei mir hat sich da in diese Richtung gar nichts getan. Ich wusste, ich muss mich um dieses kleine Wesen kümmern, aber Gefühle der Zuneigung waren nicht vorhanden. Ich habe auch bis der kleine ca. 6 Monate alt war in meinem Kopf nur „das Kind“ gedacht. Und auch heute, wenn ich über die Anfangszeit rede, dann spreche ich über meinen Sohn nicht mit seinem Namen, sondern nur über das Kind. Das zeigt schon den gefühlsmäßigen Abstand, den ich damals zu meinem Sohn hatte. Natürlich habe ich mich gefragt, was stimmt mit mir nicht, wieso habe ich solche Gefühle nicht.

Bücher waren keine Hilfe

In allen Büchern, die ich zu diesem Thema finden konnte, wurde das Phänomen nicht so bearbeitet, dass ich Antworten finden konnte. Denn die meisten gingen von narzisstischen Handlungen der Mutter aus. Nach all den Büchern weiß ich, dass meine Mutter keine Narzisstin ist. Ihre Strategie war uns zu versorgen mit allem, was wir zum Überleben brauchten, aber Zuneigung gehörte leider nicht zu ihrer Liste. Ich bin auch davon überzeugt, dass sie das nicht wegen böswilliger Absichten so getan hat. Sie wusste es nicht besser. Ihr Ziel war es, uns anders zu behandeln, wie es ihre Eltern getan haben.

Woran kann es liegen?

Meine Theorie sieht folgendermaßen aus. Meine Großeltern sind im Hitler Zeitalter groß geworden und zum Teil aufgewachsen. Zu dieser Zeit gab es unter anderem die Erziehungsmethoden der Frau Harrer in denen sie Kinder als manipulative Tyrannen darstellt und es sollten zukünftige gefügige kampffähige Soldaten groß gezogen werden. Die bekommt man ja nicht, wenn man Kinder verhätschelt und vertätschelt.

Als erstgeborene Tochter hatte es meine Mutter sicher ziemlich schwer. Sie musste bestimmt viel einstecken, denn Kinder schlagen war ja noch bis 2001 gang und gäbe und wurde nicht gesetzlich geahndet. Diese harte Erziehung hat meine Mutter zum Teil übernommen. Ganz einfach, weil sie es nicht besser wusste. Was davon an transgenerationalen Traumata noch zusätzlich eine Rolle spielen, vermag ich noch nicht ganz festzustellen. Aber ganz sicher wurden ihre Bedürfnisse nicht erfüllt, so wenig wie meine bzw. die meiner Geschwister.

Was keine Mutterliebe für mich bedeutet hat

Erst mit der Geburt unseres Sohnes merkte ich erst, dass der Umgang mit mir als Kind durch meine Mutter nicht normal war. Denn da konnte ich einige Situation mit anderen Augen betrachten. Und obwohl ich oft die alten Dämonen, wie ich sie nenne, bekämpft habe, war die Frage nach der fehlenden Mutterliebe noch immer da. Wie kann eine Mutter ihr Kind denn nicht lieben? Meine logische und auch emotionale Schlussfolgerung lautet wie folgt: eine Frau, die gar nicht weiß, wie sich Mutterliebe anfühlt, diese auch gar nicht weitergeben.

Wenn du das Pech hattest und wie ich mit der Gewissheit aufwächst, nur mit genug Leistung Beachtung zu bekommen, wirst du Probleme haben ohne Gegenleistung jemanden zu lieben. Auch nicht dich selbst!

Der für mich sinnvollsten Punkt ist, du bringst eine Person auf die Welt, die du nicht kennst, sie brüllt dich quasi ständig nur an und will deine volle Aufmerksamkeit. Wenn du nun selbst diese Zuneigung nicht bekommen hast, dann kickt hier dein inneres Kind rein und fragt dich ständig, warum du das denn jetzt geben sollst, obwohl du es ja selbst nicht bekommen hast.

Warum spricht darüber niemand?

Ich verstehe wirklich nicht, warum kein Mensch darüber redet, dass es Mütter gibt, die nach einer Geburt keine Mutterliebe empfinden. Auch, ohne dass sie eine schlechte oder traumatische Kindheit hatten. Denn all denen Müttern, denn es genauso ging wie mir, werden sich, wenn sie nicht nachforschen, immer fragen, was mit ihnen nicht stimmt. Es wird sicher einigen Generationen noch so gehen, dass sie Schwierigkeiten haben werden Beziehungen aufzubauen. Und selbst wenn wir hier nicht von den Folgen der schwarzen Pädagogik ausgehen, wird es immer wieder Geburten geben, die unter traumatischen Bedingungen stattfinden. Hier muss es Möglichkeiten geben, die fehlenden Bedürfnisse aufarbeiten zu können für Mutter und Kind.

Mit dem Abbau von Hebammen und der stetigen Reduzierung von Geburtsstationen wird dieses Problem weiter steigen. Durch die gesamtgesellschaftliche Situation wird den Müttern nicht die Möglichkeit gegeben, sich mit solchen Themen auseinanderzusetzen. Wer Job, Familie und Haushalt unter einen Hut bringen muss, wird sich darüber keinen Kopf machen können. Es gibt keine Unterstützung, wie es in einem Clan früher der Fall war. Die Kinder wurden von anderen Frauen betreut und man musste sich nicht gänzlich auf Kindertagesstätten verlassen.

Allein die Möglichkeit mal sagen zu können, ich brauche mal zwei Stunden für mich, um aufzutanken. Das hat wohlgemerkt nichts damit zu tun, dass wir Frauen nichts mehr drauf haben, wie ich leider auch oft hören musste. Als eine Mutter im 21. Jahrhundert haben wir völlig andere Herausforderungen, denen wir uns stellen müssen.

Das sind meine Recherchen dazu

  1. Eine Frühgeburt kann sowohl für das Kind als auch für die Mutter ein traumatisches Erlebnis sein. Der Aufenthalt im Brutkasten bedeutet eine Trennung von der Mutter in einer sehr sensiblen Phase, was die Bindung beeinträchtigen kann. Das kann unbewusste Ängste und Unsicherheiten ausgelöst haben, die es schwer machen, dich emotional auf dein Kind einzulassen.
  2. Eine postpartale Depression kann ebenfalls dazu führen, dass es schwerfällt, Mutterliebe zu empfinden. Die Depression kann durch Hormone nach der Geburt und durch Stress verursacht werden. Häufig bleibt sie unentdeckt oder wird von den Betroffenen aus Schamgefühl nicht thematisiert. Ich habe tatsächlich damals meinen Frauenarzt darauf angesprochen, der hat es als nicht existent abgetan.
  3. Wenn du als Kind nie gelernt hast, wie eine solche Bindung zu anderen Personen aussieht oder wie sie sich anfühlt, kann es eine enorme Herausforderung sein, diese zu entwickeln.
  4. Wenn du in der Zeit nach der Geburt deines ersten Kindes wenig Unterstützung hattest und dich alleingelassen gefühlt hast, könnte dies zu einem Gefühl der Überforderung geführt haben. Wenn man emotional ausgelaugt ist und das Gefühl hat, den Anforderungen nicht gewachsen zu sein, kann dies die Fähigkeit, Liebe zu empfinden, stark beeinträchtigen.
  5. Deine eigene Beziehung zu dir selbst spielt eine große Rolle. Wenn du mit Selbstzweifeln und einem geringen Selbstwertgefühl zu kämpfen hattest, könnte das deine Fähigkeit, bedingungslose Liebe zu geben, beeinträchtigt haben. Wenn du nicht gelernt hast, dich selbst zu lieben und zu akzeptieren, kann es schwer sein, dies in vollem Umfang für ein anderes Wesen zu tun.
  6. Die Angst, als Mutter zu versagen, kann dich emotional blockieren. Wenn du unterbewusst Angst hast, nicht gut genug zu sein, könnte das eine Barriere für das Empfinden von Liebe aufzubauen.
  7. Die Gesellschaft hat oft sehr starre Vorstellungen davon, wie eine „gute Mutter“ zu sein hat. Diese Erwartungen können zusätzlichen Druck erzeugen und das Gefühl verstärken, dass man den Anforderungen nicht gerecht wird. Was wiederum das Empfinden von Mutterliebe blockieren kann.

Relevante Studien und Forschungsansätze:

Damit du jetzt nicht denkst das es hier nur um meine eigenen Erfahrungen geht habe ich entsprechende Studien und Forschungsansätze dazu recherchiert.

Eine der häufigsten und am besten untersuchten Ursachen für das Gefühl, keine Mutterliebe zu empfinden, ist die postpartale Depression. Laut Studien leiden etwa 10–20 % der Frauen nach der Geburt an einer postpartalen Depression. Diese Erkrankung kann dazu führen, dass Mütter Schwierigkeiten haben, eine emotionale Bindung zu ihrem Kind aufzubauen.(Quelle: Institut für Medizinische Psychologie.)

Es gibt auch Untersuchungen, die zeigen, dass frühe Bindungsstörungen zwischen Mutter und Kind (oft bedingt durch eigene Bindungserfahrungen der Mutter) die Fähigkeit zur Mutterliebe beeinträchtigen können. Eine Studie aus dem Jahr 2013 im *Journal of Affective Disorders* legt nahe, dass Frauen, die selbst unter einer unsicheren Bindung zu ihren Eltern gelitten haben, eher Schwierigkeiten haben, eine sichere Bindung zu ihren eigenen Kindern aufzubauen.(Quelle: Journal of Child Psychology and Psychiatry)

Forschungen haben gezeigt, dass Mütter, die in ihrer eigenen Kindheit Traumata erlebt haben (z. B. Vernachlässigung, Missbrauch, emotionale Kälte), ein erhöhtes Risiko haben, emotionale Schwierigkeiten in der Beziehung zu ihren Kindern zu erleben. Solche Traumata können dazu führen, dass Mütter unbewusst emotionale Schutzmechanismen aufbauen, die es ihnen schwer machen, sich vollständig auf ihr Kind einzulassen. (Quelle:Intergenerational Transmission of Trauma: The Mediating Effects of Family Health)

Ein weiterer wichtiger Aspekt, der in Studien untersucht wurde, ist der Druck, der durch gesellschaftliche Erwartungen an Mütter ausgeübt wird. Der “Motherhood Myth”, der die Vorstellung vertritt, dass Mütter automatisch bedingungslose Liebe und Freude empfinden sollten, führt dazu, dass Frauen, die diese Gefühle nicht sofort oder in vollem Umfang haben, sich isoliert und unnormal fühlen. Zu diesem Thema gibt es einige Studien, die ich hier noch aufführen möchte, da es in meinen Augen, wie du oben schon lesen konntest, einen großen Einfluss auf die Gefühlswelt als Mutter haben kann.

Studie: „The Perfect Mother Myth: Social Expectations and Maternal Stress in the Context of Perinatal Depression and Anxiety“

Diese Studie untersucht, wie der gesellschaftliche Druck, die „perfekte Mutter“ zu sein, mit erhöhtem Stress und psychischen Problemen wie perinataler Depression und Angstzuständen bei Müttern zusammenhängt. Die Ergebnisse zeigen, dass Frauen, die sich stark an diesen sozialen Erwartungen orientieren, ein höheres Risiko für psychische Belastungen haben. Quelle: Psychological Medicine

Studie: „The Impact of the ‘Good Mother’ Stereotype on Maternal Mental Health“

Diese Studie zeigt den Einfluss des „guten Mutter“-Bildes auf die mentale Gesundheit von Frauen. Sie zeigt, dass der Druck, den sozialen Erwartungen zu entsprechen, zu erhöhtem Stress, Schuldgefühlen und Depressionen führen kann, insbesondere wenn Frauen das Gefühl haben, diesen Idealen nicht gerecht zu werden. Quelle: Journal of Reproductive and Infant Psychology

Studie: „Societal Expectations, Parenting Roles, and Maternal Guilt: A Comparative Study“

Diese Studie vergleicht die Auswirkungen gesellschaftlicher Erwartungen in verschiedenen Kulturen auf das Erleben von Mutterschaft und die damit verbundenen Schuldgefühle. Die Ergebnisse zeigen, dass kulturelle Normen und Erwartungen einen erheblichen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden von Müttern haben. Quelle: Journal of Family Psychology

Studie: „The Social Construction of Motherhood: An Analysis of Cultural Narratives and Maternal Identity“

Diese Studie analysiert, wie kulturelle, Narrative und gesellschaftliche Konstrukte von Mutterschaft die Identität und das Selbstbild von Müttern formen. Sie untersucht die Spannungen, die entstehen, wenn persönliche Erfahrungen nicht mit den gesellschaftlichen Idealen übereinstimmen. Quelle: Feminism & Psychology

Studie: „Maternal Mental Health and the Pressures of Intensive Mothering Ideals“

Diese Studie untersucht, wie das Konzept des „intensive mothering“, bei dem Mütter ihre gesamte Energie und Ressourcen auf die Erziehung ihrer Kinder konzentrieren sollen, das psychische Wohlbefinden beeinflusst. Die Forschung zeigt, dass dieser Druck zu Burnout und negativen psychischen Folgen führen kann. Quelle: Journal of Child and Family Studies

Warum du das hier lesen kannst

Wenn du bis hier gelesen hast und dich noch immer fragst, warum das Thema hier auftaucht, dann lies weiter.

Ein Bestandteil meiner Arbeit ist die Förderung von Resilienz – also der Fähigkeit, trotz widriger Umstände stark und anpassungsfähig zu bleiben. Meine Auseinandersetzung mit diesen schwierigen Emotionen, wie dem fehlenden Empfinden von Mutterliebe, ist ein Beispiel dafür, wie man durch Selbstreflexion und Offenheit eigene Verletzlichkeiten anerkennt und daran wachsen kann. Für mich ist es eine Form von Resilienz, mir selbst zu erlauben, diese Gefühle zu durchleben und darüber zu sprechen. Denn Resilienz bedeutet nicht nur, stark zu sein, sondern auch, sich mit seinen Schwächen auseinanderzusetzen und sie in etwas Positives zu transformieren.

Ein weiterer wichtiger Aspekt meiner Arbeit ist die Selbstfürsorge. Es bedeutet auch, sich mit den schwersten Aspekten des eigenen Lebens auseinanderzusetzen und zu lernen, diese anzunehmen, anstatt sie zu verdrängen. Es ist wichtig, dich nicht zu verurteilen, sondern liebevoll und achtsam mit dir selbst umzugehen, auch wenn es um schwierige Themen wie die Mutterliebe geht.

Das Teilen meiner eigenen Erfahrung zeigen dir, dass meine Expertise im Bereich Resilienz, Selbstmanagement und Selbstfürsorge nicht nur theoretisch, sondern auch durch persönliche Erfahrungen entstanden sind.

Ein wichtiger Teil meiner Arbeit ist es, Menschen von den „Spuren der schwarzen Pädagogik“ zu befreien. Und ihnen zu helfen, um Heilung und persönliches Wachstum zu ermöglichen. Das ist ein essenzieller Teil meiner Arbeit mit Resilienz und emotionaler Gesundheit.

Fazit

In meiner Arbeit als Resilienztrainerin und Mentorin für kreative Chaotinnen begegne ich immer wieder Frauen, die in den unterschiedlichsten Lebensbereichen nach Orientierung und Selbstfürsorge suchen. Eine der größten Herausforderungen, die wir oft nicht ansprechen, sind die tiefsitzenden Gefühle und Unsicherheiten, die mit der Mutterschaft einhergehen. Ich selbst habe erlebt, wie schwer es sein kann, wenn man das Gefühl hat, keine Mutterliebe empfinden zu können. Dieser Artikel mag persönlich erscheinen, aber er ist ein essenzieller Teil meiner Mission, Tabus zu brechen, Resilienz zu fördern und Wege zu einem erfüllteren, selbstbestimmten Leben zu finden.